Ausgangslage
Die Gemeinde Ell liegt mit ihren insgesamt knapp 1 .360 Einwohnern (verteilt auf die Ortschaften Colpach-Haut, Colpach-Bas, Ell, Petit-Nobressart und Roodt) im äußersten Westen des Landes, der Hauptort Ell als größte Ortschaft mit Sitz der Gemeindeverwaltung und weiteren (wenn auch wenigen) öffentlichen Einrichtungen und privaten Dienstleistern/ Versorgern befindet sich unweit des Regionalen Zentrums Redange am CR302.
In Colpach-Bas befinden sich Schloss und Park Colpach, die sich mittlerweile im Besitz des luxemburger Roten Kreuzes („Croix-Rouge“) bzw. einer ihr zugehörigen Stiftung befinden.
Ursprünglich im 1 3. Jahrhundert als Wasserburg gebaut, kam im 1 9. Jahrhundert der Landschafts¬park mit Weiher hinzu. In diese Zeit fallen auch die historischen Umbauten des Schlosses (nach 1 874). Ein erneuter Umbau durch den luxemburger Architekten Sosthène Weis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde durch den neuen Besitzer, den Stahlbaron Emile Mayrisch, beauftragt. Park und landwirtschaftliches Anwesen wurden erhalten und teils sogar vergrößert, der Park wurde restauriert und durch Kunstobjekte ergänzt. Auch die Grabstätten von Emile und Aline Mayrisch fanden später ihren Platz im Park.
Nach dem Tode Aline Mayrischs 1 947 ging der gesamte Besitz in eine Stiftung des Roten Kreuzes über („Fondation Emile Mayrisch“) mit der Auflage, den Standort als therapeutisches Zentrum umzu-funktionieren. Seit 2002 steht das komplette Ensemble – das Schloss mit seinen Anbauten, Pferdestall, Park, Wald und Wiesen– unter nationalem Denkmalschutz. Anfang der 2000er wurden neue Gebäude errichtet, in die die komplette therapeutische Nutzung ab 201 0 verlagert wurde, so dass das Schloss seither leer steht. Eine Revalorisierung der historischen Gebäude scheiterte bis heute an den finanziellen Mitteln. Der Park hingegen wird durch das therapeutische Zentrum sowie durch Touristen genutzt, wenn auch weiteres Aufwertungspotential besteht.
Dies gilt auch für den ehemaligen Pferdestall („Manège“). Die Gemeinde Ell bzw. ihre Vereine und Kommissionen nutzen diese bereits jetzt sporadisch für kulturelle Veranstaltungen (u.a. das jährliche „Schlassfest“, Filmvorführung „Demain“ im Rahmen des Klimapaktes, Theateraufführungen etc.). Eine intensivere Nutzung scheiterte bisher an den baulichen Gegebenheiten (fehlende Dämmung, fehlender „Lärmschutz“ etc.) und den personellen Voraussetzungen (zwar gibt es - neben der Gemeinde Ell - einen sehr rührigen „Cercle des Amis de Colpach“, der als gemeinnütziger Verein mit auf „Benevolatsbasis“ arbeitenden Mitgliedern jedoch kein Nutzungskonzept erstellen bzw. die Nutzungen betreiben bzw. verwalten kann).
Dem Eigentümer des Anwesens, dem Roten Kreuz bzw. der „Fondation Emile Mayrisch“, wäre an einer intensiveren Nutzung von „Manège“ und Park gelegen, zumal es auch den Patienten der Einrichtung zugutekommen würde – es fehlen jedoch die finanziellen Mittel, selbst aktiv zu werden.
Der Gemeinde Ell würde ebenfalls eine Aufwertung des Standorts begrüßen, ebenfalls hinsichtlich der Lebensbedingungen der Patienten, aber auch im Hinblick auf eine Aufwertung des historischen Aushängeschildes der Gemeinde für Naherholung, Kultur, Vereinsleben und Tourismus. Daher ist es für die Gemeinde unabdingbar, bei einer möglichen Revalorisierung die Bevölkerung in Überlegungen zu einer möglichen Umnutzung/ Neunutzung/ Valorisierung von Park und „Manège“ einzubinden.
Ziele
Ziel des geplanten Leader-Projektes ist es, im Rahmen eines partizipativen Prozesses die Nutzungsmöglichkeiten – prioritär der „Manège“ als Veranstaltungsort, flankierend des umgebenden Parks – auszuloten. Die vorhandenen Nutzungen sollen analysiert und gegebenenfalls adaptiert, neue Nutzungsmöglichkeiten gefunden werden. Dabei soll auf die Bedürfnisse der angrenzenden Einrichtungen und deren Patienten („Centre de Réhabilitation du Château de Colpach“) einge¬gangen werden, aber auch die Interessen der lokalen Bevölkerung der Gemeinde/ des Réidener Kantons bzw. touristische Aspekte Berücksichtigung finden. Ebenso sollen in einer frühen Phase des Prozesses eventuelle Kompatibilitätsprobleme und Engpässe identifiziert und mögliche Lösungs¬ansätze gefunden werden (z.B. Parkplätze, Öffentlicher Transport, Lärmproblematik, Logistik etc.).
Der Beteiligung der lokalen und regionalen Bürgerschaft kommt dabei die zentrale Rolle zu. Die Bürgerinnen und Bürger sollen - nach Möglichkeit mit so wenig externer Betreuung wie möglich - für die „Manège“ und bedingt für den Park (bzw. für Teilbereiche des Parks) eine entsprechende Konzeption entwickeln, die darauf aufbauend in einer nachgeschalteten Phase konkret umgesetzt werden kann, soll und wird.
Zielpublikum
Interessierte Bürger der Ortschaft und der Gemeinde Ell bilden das primäre Zielpublikum. Zusätzlich sind die angrenzenden öffentlichen Nutzergruppen („Centre de Réhabilitation du Château de Colpach“) mit ihren spezifischen N utzungsansprüchen sowie die angrenzende Wohnbebauung/ landwirtschaftliche Nutzung (Verträg lichkeiten) potentiel le Ansprechpartner, ebenso weitere regionale und lokale Vereine und ONGs.
Projektpartner
Die LEADER-Gruppe Atert-Wark finanziert die Konzeptphase und steht mit dem LEADER-Büro in Redange unterstützend zur Seite.
Die Gemeinde wählt ein Planungsbüro (eine „Agentur“) zur Projektbegleitung aus, die die Arbeits-gruppensitzungen koordiniert und moderativ zur Seite steht. Die Agentur soll ebenfalls dafür Sorge tragen, betroffene Behörden und Verwaltungen (u.a. „Service des Sites et Monuments – SSMN“) frühzeitig in den Prozess zu integrieren.
Vorgesehene Aktionen
In einem ersten Schritt wird in einer „Auftaktveranstaltung“/ Info-Veranstaltung das grundsätzliche Interesse der Bürger an der Erarbeitung eines solchen Konzepts eruiert. Dabei werden die zur Prozessbegleitung beauftragte Agentur sowie die „LEADER-Gruppe Atert-Wark“ die Rahmenbe¬dingungen sowie die mögliche Vorgehensweise für einen solchen Beteiligungsprozess erläutern.
Anschließend wird den Anwesenden in einer offenen Diskussion Gelegenheit gegeben, zur grundsätzlichen Idee Stellung zu beziehen bzw. in einer Art Brainstorming erste eigene inhaltliche Ideen zur Weiterentwicklung des Grundmoduls „Eventplace Schlasspark Colpach“ zu entwickeln.
Die Konzeptphase, die von LEADER begleitet wird, stellt die eigentliche Beteiligungsphase dar. Sie soll überwiegend in der „Manège“ selbst (wenn es das Wetter zulässt) bzw. in einem Veranstaltungsort der Gemeinde („Centre Camille Ney“ bzw. Saal „Aal Schmëdd“) durchgeführt werden, wobei folgende Aktionen vorgesehen sind:
- Der Kern des Projektes bildet die Durchführung von ca. 4 Arbeitsgruppensitzungen. Diese Sitzungen werden überwiegend in Form von Gruppenarbeiten/ Workshops abgehalten, um unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsprechende Ideen zu generieren, zu diskutieren, zu konkretisieren und final in eine Projektskizze umzusetzen. Teils erfolgt auch ein gewisser Wissens-Input durch die beauftragte Agentur bezüglich der gewählten Thematik, teils sollen bei Bedarf auch externe Experten (Architekt, Landschaftsplaner u.ä.) mit einbezogen werden. Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung erfolgt nach der „Kaffeehaus-Methodik“, die in ähnlicher Form bereits bei anderen LEADER-Projekten (u.a. Mertzig, Boulaide, Redange) zur Anwendung gekommen ist. Die Art und Weise der Diskussion basiert auf einem für kleine luxemburger Gemeinden adaptierten Form der „World-Café-Methodik“, bei der die Teilnehmer möglichst selbständig in Rundtischdiskussionen die vorgegebenen zielführenden Frage¬stellungen bearbeiten und diskutieren. Didaktisch liegt die Methode der Zukunftswerkstatt (Robert Jungk) zugrunde, bei der die Teilnehmer nach einer möglichst eigenständigen Bestands¬aufnahme/ -analyse (Phase 1) im Rahmen einer Kreativphase – frei von Zwängen und Rahmen¬bedingungen - Phantasien und Utopien entwickeln, um in der dritten Phase Realisierungs¬möglichkeiten und praxisorientierte Verwirklichungsansätze auszuloten.
- Die vier Workshops werden durch zielgruppenspezifische Besprechungen/ „tables rondes“ im kleinen Kreis (Schöffenrat, Zentrumsleitung, ...) ergänzt, sofern sich bestimmte spezifische Bedürfnisse ergeben.
- Zum Abschluss erfolgt eine Präsentation der Ergebnisse (des Konzepts) in einer Bürgerver sammlung für die lokale Bevölkerung. Dabei soll bereits ein Ausblick auf das weitere Vorgehen (Umsetzungsphase - eventuell über PDR - „Plan de Développement Rural“) gegeben werden.
Als Resultat dieses Prozesses soll ein Konzeptpapier für die Umnutzung/ Umgestaltung des Gebäudes von der Agentur erarbeitet werden, welches u.a. auch die Tatsache berücksichtigt, dass ein Teil der geplanten Maßnahmen von den Einwohnern selbst realisiert werden sollte. Eine erste grobe Kostenschätzung soll vorgelegt werden, begleitet durch Skizzen/ Pläne/ Details.
Ein Projekt-Endbericht ist ebenfalls vorgesehen.
Modellcharakter
Mit Hilfe des Projektes soll dem „Bottom-up“-Prinzip Rechnung getragen werden, indem die Bürgerinnen und Bürger der Region, der Gemeinde bzw. der Ortschaft zur aktiven Gestaltung des Dorflebens bzw. der Gemeindeentwicklung animiert werden. So soll die Dorfentwicklung - exemplarisch am Thema „Eventplace Schlasspark Colpach“- von den Bürgern selbst gestaltet und getragen werden.
Der Partizipationsgedanke steht bei diesem Projekt modellhaft im Vordergrund, die Bürgerinnen und Bürger schaffen sich selbst eine Begegnungsstätte in der „urbanen Natur“ bzw. optimieren diese nach örtlichen spezifischen Bedürfnissen, was sie eigenständig planen und bestenfalls auch umsetzen.
Das Projekt soll exemplarisch aufzeigen, dass es mit Engagement und aktiver Beteiligung – auch ohne vorliegende spezifische Fachkenntnis – möglich ist, in der Region/ Gemeinde/ Ortschaft/ im Quartier ein bestehendes historisches Gebäude mit umgebender Parklandschaft weiter aufzuwerten, zu diversifizieren und mit ergänzenden Nutzungsstrukturen und Gestaltungsmaßnahmen neu zu beleben und attraktiver zu gestalten. Gerade die aktive Rolle der Bevölkerung wird dazu beitragen, dass für das Gebäude und seine Umgebung eine Attraktivitätssteigerung für die Patienten und
Besucher geschaffen wird, ohne dabei den ursprünglichen Charakter („genius loci“) des Gebäudes, des Parks und der umgebenden Schlossbebauung zu zerstören.