Ausgangslage
In der Gemeinde Grosbous soll eine umfangreiche Bürgerbeteiligung durchgeführt werden, um die BürgerInnen aktiv in die Gemeindeentwicklung einzubinden. Aus Diskussionen zur allgemeinen Gemeindeentwicklung sollen bestenfalls konkrete Projektideen entstehen, die in einem nächsten Schritt umgesetzt werden.
Besonderer Bedeutung kommt dabei der Struktur der Gemeinde zu, die prioritär aus dem Hauptort Grosbous (knapp 1.000 Einwohner) sowie der Ortschaft Dellen (knapp 100 Einwohner) besteht. Große Unterschiede bestehen dabei nicht nur in der Einwohnerzahl und der damit korrespondierenden Versorgungsstruktur (in Dellen nicht vorhanden), sondern auch in der naturräumlich bedingten Orientierung (Dellen durch die nördlichere Lage mit ca. 470m.ü.N.N. eher zum Ösling hin orientiert, Grosbous mit ca. 370m.ü.N.N. an der Wark mehr Richtung Gutland bzw. Warktal).
Insgesamt sind gemeindeübergreifend durch die vergleichsweise geringe Gesamteinwohnerzahl von knapp über 1.100 Einwohnern die bekannten Tendenzen hin zu einer Schlafgemeinde zu erkennen. Trotz der geringen Größe sind noch zwei Restaurants, eine Apotheke und eine Polizeidienststelle im Hauptort Grosbous aufgrund der verkehrsgünstigen Lage an N12 und N21 vorhanden. Umgekehrt wächst die Bevölkerung durch die Aufsiedlung neuer Baugebiete (u.a. „im Lahr“) an, was die ebenfalls landesweit bekannten Probleme der ungenügenden Integration der Neubürger mit sich bringt, so dass bereits erste „Überfremdungstendenzen“ erkennbar sind.
Ein Bürgerbeteiligungsprozess könnte beiden Problemstellungen aktiv entgegentreten – zumal aktuell Ideen seitens eines privaten Investors aufgekommen sind, in Grosbous in der „rue d'Ettelbruck“ ein altes Gehöft umzunutzen hin zu einem Dorfladen mit angeschlossenem Café und Innenhof, was von politischer Seite ausdrücklich begrüßt wird und unbedingt mit Bürgerideen weiterentwickelt werden sollte (lokale Produkte, Arbeitsplätze, ...).
- Einerseits stellt ein Bürgerdiskussionsforum ein probates Mittel dar, um NeubürgerInnen und „Alteinwohner“ an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam über die künftige Gemeindeentwicklung zu diskutieren. So können nicht nur beide Sichtweisen und Ansprüchen Rechnung getragen werden. Durch das gemeinsame Diskutieren wird eine aktive Integration gefördert, da man sich in den Workshops trifft, sich kennenlernt, miteinander reden „muss“ und so eine Mischung aus NeubürgerInnen und Alteingesessenen entsteht.
- Andererseits können aus inhaltlicher Sicht die Bedürfnisse und Wünsche an eine aktive Gemeindeentwicklung aus Bürgersicht diskutiert und definiert werden. Bestenfalls werden sogar Ideen und Lösungsansätze geboren, wie verschiedene Problemlagen trotz des ländlichen Charakters und der geringen Einwohnerzahl gelöst werden können.
Ziele
Ziel des geplanten Leader-Projektes ist es, im Rahmen eines partizipativen Prozesses die Ideen und Wünsche der BürgerInnen hinsichtlich der künftigen Gemeinde- und Ortschaftsentwicklung auszuloten.
Die vorhandenen Nutzungen, Strukturen und Gegebenheiten der Daseinsgrundvorsorge/ des Wohnumfelds/ der sozialen Kohärenz in den Ortschaften und der Gemeinde sollen durch die BürgerInnen analysiert werden, Ansätze und Hebel für Verbesserungen gefunden werden. Dabei soll auf die Bedürfnisse aller BürgerInnen eingegangen werden, aber auch die Interessen der lokalen Geschäftswelt, des Vereinslebens, der politischen Ebene, des Réidener Kantons bzw. touristische Aspekte Berücksichtigung finden.
Übergeordnetes Ziel dabei ist es, das „ehemals vorhandene“ bzw. geschwächte Dorfleben zu reaktivieren. Dabei soll schrittweise vorgegangen werden, um zu vermeiden, dass den Dorfbewohnern etwas „von oben aufgeschwatzt“ wird, was sie gar nicht wollen.
Der Beteiligung der Einwohner kommt dabei die zentrale Rolle zu. Die Bürgerinnen und Bürger sollen - nach Möglichkeit mit so wenig externer Betreuung wie möglich – in einem zu Beginn offenen Prozess nach und nach Konzeptionen für von ihnen favorisierte Themenbereiche entwickeln, die darauf aufbauend in einer nachgeschalteten Phase konkret umgesetzt werden können und sollen. Die Möglichkeit, in diesem Kontext einen Bürgerverein zu gründen, der sich zusammen mit der politischen Ebene zukünftig (und damit auch nach Abschluss der LEADER-Phase) um die Belange einer nachhaltigen basisdemokratischen Gemeindeentwicklung kümmert, ist ausdrücklich vorgesehen. Diesem Verein könnte eventuell sogar die Möglichkeit der Aufstellung eines Bürgerhaushalts gegeben werden (Bürger können mit diesem Haushalt frei bestimmen, welche Projekte sie damit in Angriff nehmen bzw. weiter ausbauen möchten).
Zielpublikum
Interessierte Bürger der Gemeinde Grosbous bilden das primäre Zielpublikum. Zusätzlich sind die lokalen Vereine mit ihren spezifischen Nutzungsansprüchen potentielle Ansprechpartner, ebenso weitere regionale und lokale Vereine und ONGs.
Projektpartner
Die LEADER-Gruppe Atert-Wark finanziert die Konzeptphase und steht mit dem LEADER-Büro in Redange unterstützend zur Seite.
Die Gemeinde wählt ein Planungsbüro (eine „Agentur“) zur Projektbegleitung aus, die die Arbeits-gruppensitzungen koordiniert und moderativ zur Seite steht. Die Agentur soll ebenfalls dafür Sorge tragen, bei Bedarf betroffene Behörden und Verwaltungen frühzeitig in den Prozess zu integrieren.
Regionale strategische Partner werden im Rahmen des Beteiligungsprozesses nach Bedarf hinzugezogen.
Vorgesehene Aktionen
Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung findet überwiegend im Rahmen von Workshops bzw. Bürger-Ateliers statt, die auf der „World-Café-Methodik“ beruhen, die in ähnlicher Form bereits bei anderen LEADER-Projekten zur Anwendung gekommen ist. Die Art und Weise der Diskussion basiert auf einer Form, bei der die Teilnehmer möglichst selbständig in Rundtischdiskussionen die vorgegebenen zielführenden Fragestellungen bearbeiten und diskutieren. Didaktisch liegt die Methode der Zukunftswerkstatt (Robert Jungk) zugrunde, bei der die Teilnehmer nach einer möglichst eigenständigen Bestandsaufnahme/ -analyse (Phase 1) im Rahmen einer Kreativphase – frei von Zwängen und Rahmenbedingungen - Phantasien und Utopien entwickeln, um darauf aufbauend Realisierungsmöglichkeiten und praxisorientierte Verwirklichungsansätze auszuloten.
Die Workshops werden durch zielgruppenspezifische Besprechungen/ „tables rondes“ im kleinen Kreis (Schöffenrat) ergänzt, sofern sich bestimmte spezifische Bedürfnisse ergeben.
Inhaltlich lässt sich der Beteiligungsprozess in drei Phasen untergliedern:
Phase 1:
In einer ersten Phase sollen allgemein die Stärken und Schwächen der Gemeinde Grosbous aus Sicht der BürgerInnen erarbeitet werden. Auf Basis dieser Stärken-/ Schwächen-Analyse sollen die Schwerpunkte der künftigen Gemeindeentwicklung aus BürgerInnensicht definiert werden.
Um die Ortschaft Dellen wieder näher und besser in die Gemeindeentwicklung zu integrieren, sollen die Dellener BürgerInnen in diesem Prozess zu Beginn explizit angesprochen und quasi „vor der Haustür abgeholt werden“. Dazu soll eine eigene Auftaktveranstaltung im Vereinshaus in Dellen speziell für die Dellener BürgerInnen durchgeführt werden. Ziel ist es, möglichst viele der ca. 90 Einwohner zu motivieren, bei diesem partizipativen Ansatz mitzuwirken. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Motivation der BürgerInnen, zu einem solchen Workshop zu gehen, sehr stark damit verbunden ist, wo dieser stattfindet (ob in der eigenen Ortschaft oder ob man sich „deplatzieren“ muss).
Die erste Phase umfasst somit 2 Auftakt- bzw. Infoveranstaltungen
- Stärken/ Schwächen-Analyse mit Definition der thematischen Entwicklungsschwerpunkte im Hinblick auf die Gemeinde und die Ortschaft Grosbous im „Centre Culturel“ in der Ortschaft Grosbous, die prioritär für die BürgerInnen der Ortschaft Grosbous gedacht ist.
- Stärken/ Schwächen-Analyse mit Definition der thematischen Entwicklungsschwerpunkte im Hinblick auf die Gemeinde und die Ortschaft Dellen im „Vereinsbau“ in der Ortschaft Dellen, die prioritär für die BürgerInnen der Ortschaft Dellen gedacht ist.
Die Ergebnisse dieser ersten Phase werden den Gemeindepolitikern an die Hand gegeben, da sie als „Bürgermeinung“ in die künftigen politischen Entscheidungen zur Gemeindeentwicklung miteinfließen sollen. Gleichzeitig stellen sie die Grundlage für die 2. Phase des Beteiligungsprozesses dar.
Phase 2:
Da die BürgerInnen nicht nur Forderungen haben können und sollen, wird ihnen zu Beginn der zweiten Phase auch Raum und Gelegenheit gegeben, Ideen und Lösungsansätze für die von ihnen präferierten Themenbereiche bzw. die von ihnen definierten Problemlagen der Gemeindeentwicklung zu erarbeiten.
Darauf aufbauend sollen – in ein oder mehreren thematischen Arbeitsgruppen – die Ideen und Lösungsansätze aufgegriffen, detailliert und weiter ausgestaltet werden. Durch die Unterstützung der Moderatoren und gegebenenfalls externer Berater soll versucht werden, in dieser zweiten Phase eine Projektplanung seitens der BürgerInnen durchzuführen, deren Ergebnis dann in eine konkrete Umsetzungsplanung münden kann.
Auch wenn den Interessenslagen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hinsichtlich der Bildung von thematischen Gruppen bestmöglich Rechnung getragen werden soll, wird das Oberthema „Daseinsgrundversorgung“ in den geplanten 4 Arbeitsgruppensitzungen de facto eine gewichtige Rolle spielen.
- Wie kann das Wohnumfeld verbessert werden?
- Können touristische Impulse gesetzt werden, die verträgliche Angebote für Urlauber schaffen („Slow Tourism“, sanfter Tourismus), jedoch gleichzeitig als Naherholungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger fungieren - ohne dabei ökologische Aspekte zu vernachlässigen? Die Ideenstellungen sollen dabei speziell auf ökologische Aspekte wie Umweltbewusstsein und Ressourcenver-schwendung kritisch hinterfragt werden, d.h. diese Aspekte sollen Berücksichtigung finden.
- Wie können Nahversorger (Dorfladen, Cafés, Restaurants – auch in Verbindung mit der Stärkung des sanften Tourismus) erhalten bzw. geschaffen werden und somit – ähnlich wie im touristischen Bereich – lokale Arbeitsplätze schaffen bzw. zumindest sichern?
- Sind Konzepte der sanften Mobilität in der Gemeinde Grosbous umsetzbar bzw. zu stärken, um die Einwohner verstärkt zur Nutzung der „mobilité douce“ zu bewegen („Last Mile“, Bike & Ride etc.) – auch hier in direkter Verbindung mit touristischen Konzepten?
- Wie können Aspekte der Kultur- und Ortsgeschichte in diese Aspekte sowie allgemein in eine zukunftsorientierte Gemeindeentwicklung einfließen – gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Fusion, bei dem „Verlust der lokalen Identität“ oftmals als Gegenargument genannt wird?
Flankierend erfolgt ein gewisser Wissens-Input durch die beauftragte Agentur bezüglich der gewählten Thematik, teils sollen bei Bedarf auch externe Experten (Architekt, Landschaftsplaner u.ä.) mit einbezogen werden
Phase 3 (mit Abschlusspräsentation):
Die dritte Phase soll dem Aspekt Rechnung tragen, dass die Gemeinde Grosbous mittelfristig mit der Nachbargemeinde Wahl fusionieren möchte. Einerseits macht es Sinn, einen Beteiligungszyklus prioritär für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Grosbous durchzuführen, da die zu erwartenden Ergebnisse auch im Falle einer Fusion Bestand haben werden. Andererseits scheint eine abschließende gemeinsame Diskussion mit dem potentiellen Fusionspartner durchaus sinnvoll, um die erarbeiteten Ideen und Impulse mit denen des kommenden Partners abzugleichen im Hinblick auf Gemeinsamkeiten und/ oder Divergenzen.
Gerade das Thema „Daseinsgrundversorgung“ wird auch in der potentiellen Fusionsgemeinde eine zentrale Rolle spielen aufgrund einer ähnlichen räumlichen und Bevölkerungsstruktur, auch in den Bereichen „sanfter Tourismus“ und „sanfte Mobilität“ wurden in Wahl bereits über den „Réidener Kanton“, das „ORT Guttland“, die Touristinfo Atert-Wark und „LEADER Atert-Wark“ wichtige Impulse gesetzt. Ein gemeinsames Arbeiten, um hier konkrete Synergien zu erzeugen, bietet sich somit an. Hierzu sind eine gemeinsame Arbeitsgruppensitzung sowie ein gemeinsamer Workshop geplant.
Die Gründung einer gemeindeübergreifenden Trägerstruktur (Bürgerverein) bereits im Vorfeld der Fusion wäre erstrebenswert und könnte dazu beitragen, den Fusionsgedanken bereits frühzeitig themenbezogen zu praktizieren.
Zum Abschluss erfolgt eine Präsentation der Ergebnisse (des Konzepts) in einer Bürgerversammlung für die lokale Bevölkerung. Dabei soll bereits ein Ausblick auf das weitere Vorgehen (Umsetzungsphase - eventuell über PDR - „Plan de Développement Rural“) gegeben werden.
Als Resultat dieses Prozesses soll bestenfalls ein Konzeptpapier für ein Bürgerprojekt, das sich im Rahmen der fünf Veranstaltungen entwickelt hat, von der Agentur erarbeitet werden, welches u.a. auch die Tatsache berücksichtigt, dass ein Teil der geplanten Maßnahmen von den Einwohnern selbst realisiert werden sollte.
Diese werden in den Projekt-Endbericht integriert, der ebenfalls vorgesehen ist.
Ob eine Umsetzung, die dann der LEADER-Phase nachgeschaltet wäre, tatsächlich durchgeführt wird, hängt dann von der politischen Ebene und den korrespondierenden Rahmenbedingungen ab.
Modellcharakter
Mit Hilfe des Projektes soll dem „Bottom-up“-Prinzip Rechnung getragen werden, indem die Bürgerinnen und Bürger der Region, der Gemeinde bzw. der Ortschaft zur aktiven Gestaltung des Dorflebens bzw. der Gemeindeentwicklung animiert werden. So soll die Dorfentwicklung - exemplarisch an einem sich im Rahmen des Zyklus ergebenden Projekts - von den Bürgern selbst gestaltet und getragen werden.
Der Partizipationsgedanke steht bei diesem Projekt modellhaft im Vordergrund, die Bürgerinnen und Bürger entwickeln ein gemeinschaftliches Projekt, das das Dorfleben stärkt und das sie eigenständig planen und bestenfalls auch umsetzen.
Das Projekt soll exemplarisch aufzeigen, dass es mit Engagement und aktiver Beteiligung – auch ohne vorliegende spezifische Fachkenntnis – möglich ist, in der Region/ Gemeinde/ Ortschaft/ in der Gemeinde Grosbous das Dorfleben zu aktivieren bzw. zu stärken.